Persönlichkeiten
Wilhelm Haverkamp (1864-1929)
W. Haverkamp 1915
Haverkamp, Wilhelm (Wilhelm Heinrich),
dt. Bildhauer, *4.3.1864 Senden/Westf. †13.1.1929 Berlin-Friedenau.
Seine Kindheit verbrachte er vor allem bei den Großeltern in Capelle/Westf., der Großvater Wilhelm Ferlmann war ehem. Lehrer und Organist. Durch ihn wurde H. künstlerisch sehr stark geprägt. Sein handwerkliches Können erwarb er ab 1877 bei August Schmiemann und Heinrich Fleige in Münster. Außerdem besuchte er die Abendkurse der Zeichenschule der dortigen Kunstgenossenschaft. 1883 errang H. mit der Skulptur Rotkäppchengruppe ein Stipendium für die KA in Berlin. Seine dortigen Lehrer waren Carl Gottfried Pfannschmidt, Albert Wolff und Fritz Schaper. 1889 errang H. den großen Rompreis für ein Studium (1889-92). In Rom lebte der Kaufmann Wilhelm Hüffer aus Münster, der ihn förderte und u.a. die Skulptur Bocksprung in Auftrag gab. Auch die Marmorgruppe Knaben auf korinthischen Kapitel**, Bocksprung** und Betende Mutter von S. Agostino** sind in dieser Zeit entstanden.
Bevor H. nach Berlin zurückkehrte, heiratete er 1892 in Senden Margarethe Ferlmann-Bringelmann, die Adoptivtochter seines Onkels aus Cincinetti /USA. Als Meisterschüler von Fritz Schaper machte H. Bekanntschaft mit den einflussreichen Architekten Franz Schwechten und Johannes Otzen.
Die zwei Grabengel für die Fürstengruft in Dessau (1898*), die Terrakotta-Skulpturen Propheten und Evangelisten in den Lutherkirchen in Berlin-Friedenau (1892), Apolda (1893) und Görlitz (1901), in der Apostelkirche, Ludwigshafen (1893), der Ringkirche, Wiesbaden (1893); der Georgenkirche, Berlin (1897*), und die Ausstattung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis- Kirche mit zwei Reliefs (1894) und den Apostelfürsten (1896*) gingen auf diese Beziehungen zurück.
Als junger Künstler schuf H. die Marmorgruppe Vater und Sohn, Andreasplatz, B.- Friedrichshain (1896), sowie zwei Bronzedenkmale Bismarck (1896*) und Moltke (1900*) in Plauen. Für Elbing schuf er Ferdinand Schichau (1903*) und Wilhelm I. (1905*) und F.A. Krupp in Kiel (1904*). Die St. Bonifatiuskirche B.-Steglitz erhielt wegen Geldmangel nur die beiden ersten und letzten Stationen eines Kreuzweg, (1909), der jedoch nie vollendet wurde. Die XIV. Station diente H. später als Motiv für viele Grab- und Kriegerdenkmale. Ein Hochaltar aus Galvano für die Rosenkranzbasilika (1900) ist noch in B-Steglitz zu bewundern.
Durch das Bronzedenkmal Großer Kurfürst in Minden (1901) wurde Kaiser Wilhelm II. auf ihn aufmerksam und bestellte einen Zweitguss für Kiel (1901*). Zwei Kaiserbesuche in seinen Ateliers im KGM und in der Görres Str.16, Friedenau, sind überliefert. Weitere kaiserliche Aufträge folgten: Fuchsjagd, Berlin-Tiergarten (1904), Wilhelm II. von Oranien (1907), Wilhelm II., Mürwyk (1909*), alles Bronze. Die Marmorherme Friedrich der Große, Küstrin (1902*); mehrere Medaillen aus Edelmetall und Teile der Innenausstattungen der SMS Deutschland (1900*) und SMS Kaiser Wilhelm (1902*).
H. schuf auch profane Skulpturen wie Kegler (1893**), Bronze, Murmelspieler (1894**), außerdem die Fassaden-Skulpturen Religion und Verwaltung (1904) am Charlottenburger Rathaus, Wissenschaft in Hamburg-Altona (1901*) und Vom Brunnen in Breslau (1906*) in Sandstein. 1909 folgten Grabmäler in Galvano für Rosenheim, Düsseldorf, Bliesheim, Bernkastel und Berlin*. Für St. Ann’s home in Techny/Ill. schuf H. 1924** neun überlebensgroße Heiligen-Figuren aus Holz.
Haverkamp blieb stets seiner westfälischen Heimat treu. Die Ferien verbrachte er häufig bei seiner Familie in Senden und schöpfte hier Kraft für sein künstlerisches Schaffen. In Westfalen schuf er Kriegerdenkmale für Coesfeld (1899), Lüdinghausen (1907*), Senden (1909) (alle in Bronze) und in Muschelkalk für Münster- Albachten (1922) sowie Gedächtnisaltäre für Senden (1919, Pietà) in Holz, und die Kirchen St. Antonius, Galvano, (1916), St. Lamberti (1922) und Hl. Kreuz (1919*) (beide Baumberger Sandstein) in Münster, sowie den Hl. Michael für St. Georg, Hiddingsel (1915).
Auch die Innenausstattung von St. Otger, Stadtlohn (1907*), Sandstein und Galvano (teilw. erh.); der Altar im Martinistift, Appelhülsen (1910*), Sandstein; Josef und Jesus (1915), und Herz-Jesu (1918), Marmor, Hiddingsel, sowie das Westportal von St. Laurentius aus Sandstein in Warendorf (1914) sind von H.
Als sein Hauptwerk gilt die Ringergruppe (1906) in Bronze im Volkspark Rehberge, Berlin, die ihm höchste künstlerische Anerkennung verlieh. H. war 1901-24 Doz. und Prof. (1903) für figürliches und ornamentales Modellieren am KGM in Berlin. Ab 1914 Mitgl. der Kgl. AdK ebenda. Zu seinen Schülerinnen und Schülern gehörten Heinrich Splieth, Gustav Anton Wallat, Wilhelm Kruse und Renée Sintenis.
Auszeichnungen: 1892 Ehrenvolle Erwähnung der AK Berlin; 1899 Herzoglich Anhaltinischer Hausorden für Wiss. und Kunst in Gold; 1901 kleine Goldene Medaille für Kunst, Berlin; 1901 Preußischer Roter-Adler- Orden IV. Kl.; nach 1903 Kgl. Preußischer Roter-Adler-Orden II. Kl. mit Schleife und Kgl. Preußischer Kronenorden III. Kl.; 1909 Goldene Medaille der AdK, München; 1909 Aufnahme in die „Union Internat. des BA et des Lettres“, Paris; 1913 Große goldene Medaille der AdK, Berlin; 1916 Aufnahme in die AdK in Berlin, Ausstellungen: 1893-1911 Berlin: Große Berliner KA / 1909 München, Glas-Palast / 1928 Düsseldorf / 2009 Doppelausstellung Senden und Lüdinghausen.
Literatur: 1923; H. Herold, Heimatkalender 1927; P. Bloch u.a., Ethos und Pathos (Katalog Hamburger Bahnhof), Berlin 1990; Kunst und Technik der Medaille und Münze. Das Beispiel Berlin, Berlin 1997; Dehio-Berlin, 2000; R. Bausch, Geschichts-Blätter, Kreis Coesfeld 32. Jg. 2007, S.113-146. Rüdiger Bausch, Haverkamp – Lebenslauf und sein künstlerisches Schaffen. Hrsg. Rüdiger Bausch, Senden 2013